Trotz des unheimlichen Gefühls, dass diese Welt nicht mehr lange steht, reagieren einige Menschen mit Lebensmut und Zuversicht, andere jedoch mit Pessimismus, Angst und Zweifel. Und wieder anderen ist einfach alles egal. Das könnte daran liegen, dass Resilienz bei jedem Menschen unterschiedlich ausgeprägt ist. Resilienz ist eine Art magische Kraft, die selbst in Krisenzeiten und bei Schicksalsschlägen Zuversicht spendet. Sie ist wissenschaftlich gesehen ein kompliziertes psychologisches Konstrukt, das mit allen seinen Facetten noch nicht komplett erforscht ist. Fakt ist, dass es seelisch robuste Menschen mit hoher Resilienz in Zeiten wie diesen leichter haben als die sensibleren Wesen unter uns. Viele haben aufgehört, regelmäßig Zeitung zu lesen oder die Nachrichten zu checken. Soziale Medien fühlen sich zunehmend toxisch an und der physische Kontakt mit den Liebsten strebt gegen null. Was nun?
Häufig haben wir einfach ein Abgrenzungsproblem und lassen das Böse dieser Welt ungefiltert in uns hinein. Unser Hirn ist mit so vielen Reizen von außen schlicht überfordert. Besonders die sensiblen, empathischen Menschen, die sich oft übermäßig verantwortlich für andere fühlen, denen das „Neinsagen“ schwerfällt oder die andere ständig glücklich machen wollen, haben oft schwache persönliche Grenzen, die ein ungehindertes Hineinfließen negativer Energien anderer erlauben.
Eine der gesündesten Gewohnheiten, die wir lernen können, ist es, klare und starke Grenzen zu haben. Aber wie? Hier gibt es ein (meiner Meinung nach viel zu stark vernachlässigtes) Supertool unseres Körpers: den Atem.
Unser autonomes Nervensystem verbindet das Gehirn und den Körper. Wenn wir ängstlich oder gestresst sind, schalten wir, vereinfacht gesagt, in den „Fight or Flight“-Modus – das sympathische Nervensystem ist aktiv und unsere Herzfrequenz und der Blutdruck steigen. Wenn wir entspannt und ruhig sind, schaltet sich der parasympathische Teil unseres autonomen Nervensystems ein und wir befinden uns im „Rest and Digest“-Modus. Hier sinkt die Herzfrequenz, der Blutdruck und der Atem werden ebenso langsamer. In diesem Modus kann man sich optimal erholen.
Spätestens seit Wim Hof wissen wir, dass man durch bewusstes Atmen sein autonomes Nervensystem zumindest indirekt beeinflussen kann. Nach ein paar tiefen Atemzügen an der frischen Luft fühlen wir uns meistens schon besser. Mithilfe einer bewussten Atmung können wir auch unsere eigenen Grenzen festigen. Eine tolle Übung dazu, die sich gut in den Alltag integrieren lässt und auf die man bei Bedarf leicht zurückgreifen kann, ist der sogenannte Boundaries Breath.
Diese Übung aus dem wunderbaren Buch „How to breathe“ von Ashley Neese möchte ich euch heute mit auf den Weg geben:
Boundaries Breath von Ashley Neese
Setz dich bequem hin.
Atme für eine Minute lang ein und aus, um an deinem Platz anzukommen.
Setz dir ein Ziel.
Mit der nächsten Einatmung beginnst du damit, dir einen goldenen Kreis rund um dich herum vorzustellen.
Mit der nächsten Ausatmung behalte den Kreis um dich herum und erlaube, dass er sich festigt.
Beobachte gedanklich, wie weit dieser Kreis von dir weg ist.
Ist er 10cm weg, einen Meter, oder zehn Meter?
Mach dir eine gedankliche Notiz und komm zurück zu deinem Atem.
Behalte den Kreis für die nächsten sieben Minuten am selben Platz, während du weiter ein- und ausatmest.
Nimm dir danach eine Minute Zeit, um die Vorstellung des Kreises aufzulösen und ganz zu dir zurückzukommen.
Wenn dir während dieser Minute irgendwelche Wörter rund um deine Grenze einfallen, sprich sie laut aus.
Schließe deine Augen und nimm wahr, ob und was sich verändert hat.
Du kannst dies gerne in dein Journal schreiben.